Teil 2
Der Digitale Produktpass (DPP) wird zukünftig für eine Vielzahl von Produkten, die in Europa auf den Markt kommen, verpflichtend. Er stellt eine digitale Ergänzung zum physischen Produkt dar und bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit im Produktlebenszyklus. Doch trotz der bereits festgelegten Rahmenbedingungen und Vorgaben durch die EU-Kommission bleiben viele Fragen offen. Was wir zum Digitalen Produktpass (DPP) schon wissen – und was noch unklar ist? Das wollen wir in Teil 2 unserer DPP-Blog-Artikelreihe klären und geben Ihnen einen Überblick.
1. Allgemein
Der Digitale Produktpass ist als dezentrale Lösung konzipiert, die sowohl die Datenhaltung als auch das zugrunde liegende System betrifft. Die Verantwortung für die Implementierung liegt beim „verantwortlichen Wirtschaftsteilnehmer“, also dem Hersteller oder Importeur eines Produkts. Diese Verantwortung kann jedoch an spezialisierte Drittanbieter, sogenannte „DPP-as-a-Service“-Anbieter, wie ECHO PRM, ausgelagert werden.
1.1 Dezentrale Struktur und Produktzentrierung
Die Verordnung zum Digitalen Produktpass (DPP) legt fest, dass dieser dezentral umgesetzt wird, sowohl in der Datenhaltung als auch im zugrunde liegenden DPP-System. Die Verantwortung für die Umsetzung liegt beim Hersteller oder Importeur, kann aber an spezialisierte Dienstleister ausgelagert werden. Der DPP ist produktzentriert und ermöglicht es den Nutzern, über einen QR-Code am Produkt Zugang zu relevanten Informationen zu erhalten. Dies unterscheidet sich von bestehenden Systemen wie ERP- oder PIM-Anwendungen, die primär der Datenverwaltung dienen. Dennoch kann eine Verbindung zwischen diesen Systemen und dem DPP bestehen, je nach unternehmensspezifischer Umsetzung.
1.2 Grundlegende Anforderungen an den DPP
Die EU-Kommission hat bereits einige grundlegende Anforderungen an den DPP formuliert:
- Offene Standards: Um eine Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu vermeiden, müssen offene Standards entwickelt werden.
- Interoperabilität: Der DPP soll so gestaltet sein, dass verschiedene Standards nahtlos miteinander arbeiten können.
- Nutzerfreundlichkeit: Der DPP muss einfach zu bedienen und für Endanwender kostenlos zugänglich sein.
- Datenqualität und -aktualität: Alle im DPP enthaltenen Informationen müssen korrekt, zuverlässig und stets aktuell sein.
2. Aufbau des DPP
Das technische Konzept des DPP wird durch Normen und sogenannte „Delegierte Rechtsakte“ weiter spezifiziert. Es umfasst:
- Das DPP-System: Ein standardisierter, interoperabler „Datenrucksack“, der alle relevanten Daten über das Produkt enthält.
- Die DPP-Daten: Diese variieren je nach Produktgruppe und beinhalten Informationen wie Herstellerangaben, Materialeigenschaften oder den CO₂-Fußabdruck des Produkts.
Der Digitale Produktpass besteht aus zwei wesentlichen Komponenten: dem DPP-System und den DPP-Daten.
2.1 Das DPP-System
Das DPP-System lässt sich als ein „Datenrucksack“ beschreiben, der durch einheitliche Standards und Protokolle für die IT-Infrastruktur des DPP geregelt wird.

Ein Blick auf die folgende Grafik verdeutlicht den Prozess und die Akteure rund um den Digitalen Produktpass (DPP).

Die zentralen Punkte sind:
- Der Prozess beginnt mit einem physischen Produkt, das mit einem QR-Code, NFC-Chip oder Ähnlichem ausgestattet ist.
- Der Endnutzer scannt den Code am Produkt und erhält Zugriff auf die Produkt-ID oder eine zugehörige URL, die ihn direkt zum DPP auf seinem Endgerät führt.
- Die im QR-Code enthaltenen Informationen stammen in der Regel vom Hersteller des Produkts.
- Der Hersteller kann entweder eigene Server nutzen oder auf eine Cloud-Lösung zurückgreifen.
- Alternativ kann ein externer „DPP-Dienstleister“ (DPP-as-a-Service) das Datenmanagement übernehmen.
- Die nötigen Systeme für einen „DPP-as-a-Service Provider“ sind bereits implementiert und ausgebaut.
Ein wichtiger Aspekt des DPP-Systems ist die Möglichkeit, die Verantwortung für die Datenhaltung an Dritte auszulagern, sogenannte „DPP-as-a-Service“-Anbieter.
Zentrale Dienste der EU:
- Eine zentrale DPP-Registry ermöglicht es Herstellern, die Digitalen Produktpässe ihrer Produkte zu registrieren. Zoll- und Aufsichtsbehörden können hier auf Basisdaten der Produkte zugreifen.
- Ein DPP-Webportal bietet Interessierten Zugriff auf relevante Produktinformationen, auch ohne direkten Zugang zum Produkt. Es dient als Einstiegspunkt, um Nutzer zu dezentralen Servern von Herstellern oder DPP-Dienstleistern weiterzuleiten.
2.2 Die DPP-Daten
Die DPP-Daten umfassen alle Informationen, die für ein Produkt relevant sind, beispielsweise Angaben zum Hersteller, Materialien oder Umweltfaktoren wie der CO₂-Fußabdruck.

Diese Daten müssen je nach Produktgruppe spezifisch definiert werden und werden durch delegierte Rechtsakte festgelegt.
Ein zentraler Bestandteil dieser Daten ist die Verwaltungsschale (AAS), die eine standardisierte, digitale Repräsentation des Produkts darstellt und eine wichtige Rolle bei der Strukturierung der DPP-Daten spielt.
2.3 Die Verwaltungsschale als DPP-Datencontainer
Die Verwaltungsschale oder Asset Administration Shell (AAS) ist ein zentrales Konzept der Industrie 4.0 und eine sehr wahrscheinliche Grundlage für das Datenformat und die Strukturierung des digitalen Produktpasses (DPP). Sie ermöglicht die standardisierte digitale Repräsentation physischer Assets, wie Maschinen, Anlagen oder Produkte, und umfasst sämtliche relevanten Informationen und Funktionen für deren Verwaltung und Nutzung.
Die AAS stellt alle Daten eines physischen Objekts – einschließlich Eigenschaften, Zuständen und Funktionen – in einer standardisierten Form bereit und gewährleistet durch Mechanismen wie Zugriffskontrollen und Verschlüsselung die Integrität und Sicherheit der Daten. Sie wird von Organisationen wie der Plattform „Industrie 4.0“ und der „Industrial Digital Twin Association“ vorangetrieben, um Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen und Plattformen sicherzustellen.
Obwohl die AAS international große Akzeptanz findet und voraussichtlich eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung des DPP spielen wird, setzt die EU-Kommission auf Technologieoffenheit und betrachtet die Nutzung der AAS als eine, aber nicht zwingende Option.
3. Offene Fragen und Unsicherheiten
Trotz der bereits festgelegten Grundlagen gibt es noch viele offene Fragen im Hinblick auf die konkrete Umsetzung des DPP:
- Standardisierung des DPP-Systems: Wird die Standardisierung bis Ende 2025 abgeschlossen sein? Welche technischen Anforderungen werden danach gestellt?
- Zeitplan für delegierte Rechtsakte: Wann werden die delegierten Rechtsakte für die DPP-Daten veröffentlicht? Welche konkreten Daten werden enthalten sein?
- Weitere Verordnungen: Besonders im Hinblick auf die Implementierung von DPP für Fahrzeuge gibt es noch viele unklare Aspekte.
4. Ausblick: Die Zukunft des Digitalen Produktpasses
Der Digitale Produktpass steht noch am Anfang seiner Entwicklung, doch die Weichen sind gestellt. Unternehmen und Verbraucher können sich auf mehr Transparenz und eine nachhaltigere Nutzung von Produkten freuen. Besonders die Interoperabilität und offene Standards werden dabei eine entscheidende Rolle spielen.
Wir bleiben dran und halten Sie über alle Entwicklungen und Änderungen im Zusammenhang mit dem DPP auf dem Laufenden.
Fazit
Der Digitale Produktpass bietet eine spannende Möglichkeit, den Produktlebenszyklus transparenter und nachhaltiger zu gestalten. Doch viele Details sind noch offen, und die Umsetzung hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Es bleibt abzuwarten, wie die EU die noch offenen Fragen klärt und welche konkreten Standards und Rechtsakte letztlich verabschiedet werden. Bis dahin werden Unternehmen weiterhin eng mit den Normungsgremien zusammenarbeiten müssen, um die Umstellung auf den DPP reibungslos zu gestalten.